Blauzungenvirus breitet sich massiv aus

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Wichtige Informationen für alle Halter von Wiederkäuern

12. August 2024

Das Veterinäramt warnt vor einem erneutem Auftreten des Blauzungenvirus im Landkreis Barnim. Die Tierseuche befindet sich in Deutschland erneut auf dem Vormarsch. Seit einigen Wochen nehmen die Fallzahlen merklich zu. Zuletzt wurden auch im Osten des Landes erstmalig wieder Fälle verzeichnet. Das Veterinäramt empfiehlt Haltern empfänglicher Tierarten, ihre Tiere impfen zu lassen.

Die Blauzungenkrankheit (BT) ist eine virusbedingte, hauptsächlich akut verlaufende Krankheit bei Schafen und Rindern. Daneben sind auch alle anderen Wiederkäuer empfänglich: Ziegen, Neuweltkameliden und Wildwiederkäuer für die BT. Für den Menschen ist das Blauzungenvirus (BTV) ungefährlich. Fleisch- und Milchprodukte empfänglicher Tiere können ohne Bedenken verzehrt werden. Der Erreger wird über stechende Vektoren (Gnitzen) übertragen. Daher tritt die BTV-Infektion verstärkt saisonal in der warmen Jahreszeit und bei feuchtwarmem Wetter auf. Die Gnitzen sind vor allem während der Abend- und Morgendämmerung aktiv.

Aktuelle Ausbreitung

Deutschland war schon einmal in den Jahren 2006-2009 sehr intensiv von dieser Tierseuche betroffen, damals jedoch von einem anderen Serotypen, BTV-8. Dieser kam ursprünglich nur südlich der Sahara vor. Die Ausbreitung konnte durch die Einführung von Impfprogrammen gestoppt werden. Im Jahr 2012 gelang es, die BT in ganz Deutschland zu tilgen.

Im September 2023 trat unerwartet der Serotyp BTV-3 in den Niederlanden und im Oktober 2023 dann auch erstmalig in Deutschland (NRW) auf. Betroffen waren überwiegend Schafhaltungen. In Europa wurde der Serotyp 3 vorher nur aus Süditalien gemeldet und ansonsten in weiteren Ländern Afrikas festgestellt.

Seit Juli 2024 nehmen die Fälle in Deutschland deutlich zu. Täglich werden neue infizierte Bestände gemeldet. Waren bis dato hauptsächlich Rinder- und Schafhaltungen aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Hessen betroffen, sind jetzt im August erstmalig auch Fälle in Mecklenburg-Vorpommern Sachsen-Anhalt, Thüringen und Brandenburg aufgetreten. Es ist daher mit einer weiteren Zunahme von BTV-3-Fällen sowie dem erstmaligen Auftreten der Erkrankung auch im Landkreis Barnim zu rechnen.

Typische Symptome

Im Gegensatz zum BTV-Sterotyp 8, der nur moderate Krankheitssymptome und eine geringe Letalität aufwies, muss beim Serotyp 3 zumindest bei den Schafen mit schweren klinischen Symptomen gerechnet werden. Diese Tierart zeigt ca. sieben bis acht Tage nach der Infektion die ersten Anzeichen einer akuten Erkrankung. Diese können sein: erhöhte Körpertemperatur (Fieber), Apathie und Absonderung von der Herde, gerötete und geschwollene Maulschleimhäute. Häufig zeigen die Tiere ein Kopfödem. Es kommt zu vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vor dem Maul. Die Zunge schwillt an und kann aus dem Maul hängen. Das Auftreten der typischen, namensgebenden Verfärbung der Zunge ist eher selten und nur bei hochempfänglichen Schafrassen und sehr schweren Verläufen zu erwarten. An den Klauen rötet sich der Kronsaum und führt zu Schmerzen und Lahmheiten. Bei tragenden Tieren kann die Erkrankung zum Verlammen führen. Erkrankte Tiere können wieder ausheilen, je nach Schafrasse und Virulenz des BTV-Stammes können aber auch Tiere versterben. Die Sterberate liegt deutlich höher als bei dem Serotyp 8-Ausbruch von 2006. Aus den Niederlanden wurden zum Teil schwere Verläufe der Erkrankung gemeldet, bei denen bis zu 25 Prozent der Schafe eines Bestandes verstarben.

Bei den Rindern sind die klinischen Symptome Entzündungen der Schleimhäute im Bereich der Augenlider, Maulhöhle sowie der Zitzenhaut und Genitalien. Zudem können Ablösungen der Schleimhäute im Bereich der Zunge und des Flotzmauls sowie Blasen am Kronsaum auftreten. Außerdem kann es zur Reduktion der Milchleistung kommen. Insgesamt verläuft die Erkrankung bei den Rindern in der Regel jedoch deutlich milder als bei den Schafen. Einzelne Tiere können trotzdem daran versterben.

BTV-Impfung

Die Impfung der Wiederkäuer bietet derzeit den einzigen effektiven Schutz gegen die klinischen Symptome und Tierverluste. Die BTV-Impfung erfolgt auf freiwilliger Basis. Hierbei werden in Deutschland ausschließlich inaktivierte Impfstoffe eingesetzt. Bisher wurde die Anwendung von drei Impfstoffen gegen BTV-3 im Rahmen einer bundesweit gültigen Eilverordnung gestattet. Entsprechend den Gebrauchs-Informationen schützen die drei Impfstoffe vor Todesfällen nach Infektion mit dem BTV-3 Virus. Sie schützen nicht vor einer Infektion, reduzieren aber die klinischen Erscheinungen.

Bezüglich der Impfung wenden sich die Tierhalter bitte vertrauensvoll an ihre Hoftierärzte. Die Tierseuchenkasse Brandenburg (https://www.tsk-bb.de/) unterstützt bei den Kosten der Impfungen mit einer Beihilfe. Da die Nebenwirkungen der BTV-3-Impfung, ähnlich wie bei BTV-4- und BTV-8-Impfstoffen, sehr gering sein dürften, empfiehlt das Nationale Referenzlabor für Blauzungenkrankheit in der momentanen Situation, auch Schafe durch eine zweimalige Applikation im Abstand von 3-4 Wochen einer Grundimmunisierung zu unterziehen. Ein wirksamer Impfschutz besteht erst ca. 14 Tage nach der zweiten Impfung.

Es bleibt festzuhalten, dass die Impfung mit inaktivierten BTV-3-Impfstoffen derzeit die einzige wirksame Maßnahme ist, Tiere vor Krankheit und Tod zu schützen. Daher empfiehlt das Veterinäramt aus Tierschutzgründen vorrangig Schafhaltern, ihre Tiere impfen zu lassen. Handelserleichterungen für geimpfte Tiere sind auf Basis der aktuell vorliegenden Informationen nicht zu erwarten. Die geltenden Regeln (Repellentienbehandlung und PCR-Freitestung) bei der Verbringung von Tieren aus den nicht-BTV-freien Gebieten müssen weiter beachtet werden.

Im Auftrag
Robert Bachmann
Pressesprecher